- CO₂-Mangel: Das sind die Auswirkungen
- Knappheit: Diese Produkte sind betroffen
- Reaktionen: Das sagt Bayerns Wirtschaftsminister
Die Inflationsrate liegt laut dem Statistischen Bundesamt im August 2022 bei 7,9 Prozent. Die Verbraucherpreise für Energie sind von August 2021 zum August 2022 um 35,6 Prozent gestiegen. Der Preisanstieg bei Lebensmitteln von August 2021 zu August 2022 liegt bei 16,6 Prozent. Die Preisexplosionen sind also auch beim Wocheneinkauf im Supermarkt deutlich spürbar. Jetzt könnten Lebensmittel aber auch wegen eines Mangels an Kohlendioxid knapp werden.
Knappheit bei Kohlendioxid könnte für Lebensmittel-Engpässe sorgen
Aus einer gemeinsamen Erklärung der Verbände der Getränkewirtschaft geht hervor, dass nur noch circa 30 bis 40 Prozent des benötigten Kohlendioxids (CO₂) auf dem Markt erhältlich sei. Das CO₂, das noch verfügbar sei, gebe es nur noch zu "immensen" Preisen. "Viele mittelständische Brauereien und Abfüller von Erfrischungsgetränken wie auch Mineralbrunnen werden aktuell gar nicht mehr mit Kohlensäure beliefert." Die Unternehmen, die besonders auf Kohlensäure angewiesen seien, müssten ihre Produktion stark einschränken oder sogar ganz einstellen. "Hier darf der Staat nicht untätig bleiben."
Aber nicht nur die Getränkeindustrie ist vom CO₂-Mangel betroffen. Auch die Fleischindustrie benötigt Kohlendioxid zur Betäubung der Tiere vor der Schlachtung, wie das Online-Magazin Telepolis berichtet. Bereits Ende Juli 2022 hat der Vorsitzende des Bundesverbandes bäuerlicher Hähnchenerzeuger e.V. (BVH) und Vize-Präsident des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. (ZDG), Stefan Teepker in einer Pressemitteilung gewarnt: "Die nationale Ernährungssicherheit steht auf dem Spiel, wenn es im Energiebereich tatsächlich zu Ausfällen kommen sollte." Auch das Wohl der Tiere sei gefährdet, sollte es Engpässen bei der Energieversorgung geben. Kommt jetzt noch ein Mangel an CO₂ hinzu, verschärft sich die Lage der Geflügelwirtschaft weiter.
Auch der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) ist besorgt und fordert Unterstützung aus der Politik: "Die Versorgungssicherheit wird jetzt durch die Energiekrise und die mangelnde Unterstützung der Regierung beim Umbau der Tierhaltung gefährdet.", so die Geschäftsführerin des Verbandes der Fleischwirtschaft, Dr. Heike Harstick in einer Pressemitteilung. Ein zusätzlicher Schlachtstopp durch fehlendes Kohlendioxid zur Betäubung würde dem Handelsblatt zufolge zu einem Rückstau in den Ställen und damit auch zu Tierschutzproblemen führen.
Kohlendioxid-Mangel als Folge der Gaskrise
Käse, Joghurt, Wurst, Fleisch, aber auch Aufbackbrötchen: All diese Produkte könnten bei einem Mangel von Kohlendioxid knapp werden. Denn CO₂ verdränge Telepolis zufolge den Sauerstoff und sorge dafür, dass Lebensmittel erst deutlich später anfangen, zu schimmeln. Auch Gemüsebauern seien auf das Treibhausgas angewiesen. Denn die Zufuhr von Kohlendioxid lasse Obst und Gemüse in Gewächshäusern schneller reifen.
Der Mangel an CO₂ ist laut dem Handelsblatt eine Folge der Gaskrise. Denn Kohlendioxid falle bei der Produktion von Kunstdüngern (Stickstoffdünger) als Abfallprodukt an. Laut einem aktuellen Bericht des Branchenverbands Fertilizers Europe (FE) wurden jedoch 70 % der Ammoniakproduktion in Europa seit August 2022 eingestellt. Auch die Produktion des größten deutschen Ammoniakherstellers SKW Piesteritz aus Wittenberg ist deren eigenen Angaben zufolge "stark beeinträchtigt". Kurzarbeit für 860 Mitarbeiter*innen sei ab Oktober "nicht mehr auszuschließen". Auch der Chemiekonzern BASF fahre dem Handelsblatt zufolge seine Produktion herunter.
In Folge dieser Entwicklungen forderte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) die Bundesregierung auf, schnell zu handeln: "Die Bundesregierung kann die Dinge nicht mehr einfach laufen lassen, sondern muss endlich in eine gezieltere Bewirtschaftung dieser Mangellage einsteigen und die Branchen am Laufen halten, die unverzichtbar sind. Wir können weder auf Düngemittel noch auf CO₂ im Lebensmittelbereich verzichten", sagte er gegenüber der Passauer Neuen Presse.
Bayerns Wirtschaftsminister: "Die Bundesregierung kann die Dinge nicht einfach laufen lassen."
Nach Angaben der Deutschen Presseagentur (dpa) habe Aiwanger kürzlich als Reaktion auf den sich zuspitzenden Mangel an Kohlensäure vorgeschlagen, Kohlenstoffdioxid aus Zementwerken als Rohstoffquelle für Brauereien zu nutzen. Es gebe auch in Bayern Werke, die bisher jährlich hunderttausende Tonnen CO₂ über die Schornsteine als Abfallprodukte in die Luft abgäben, betonte der Freie-Wähler-Chef nach der Kabinettssitzung am Montag (19. September 2022) in München. Um die Möglichkeiten der CO₂-Abscheidung zur weiteren Verwendung, wie beispielsweise in der Getränkeindustrie, auszuloten, steht Aiwanger dem Ministerium zufolge im engen Austausch mit bayerischen Zementwerken. Es gebe zudem Pilotprojekte, bei denen pro Tag rund zwei Tonnen Kohlendioxid abgeschieden und umgewandelt würden.
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