Beim Autokauf steigt nach Berechnungen der HUK Coburg nur eine kleine Minderheit der deutschen Bevölkerung auf reine Elektroautos um. Im dritten Quartal dieses Jahres haben sich demnach nur 3,9 Prozent der privaten Autobesitzer bei der Anschaffung eines Wagens - neu oder gebraucht - für ein Elektroauto entschieden, wie das Unternehmen für sein erstmals veröffentlichtes "E-Barometer" berechnet hat.
Der Anteil von Batterieautos am privaten Fahrzeugbestand ist demnach von Juli bis September nur um 0,1 Prozent gestiegen und lag bei insgesamt bescheidenen 2,9 Prozent. Doch das ist nicht das einzige Ergebnis, dass aus Sicht der Verkehrswende beunruhigend ist.
Analyse der privaten Autoanmeldungen "alarmierend"
Die HUK ist mit knapp 14 Millionen versicherten Fahrzeugen Marktführer bei den Kfz-Versicherungen in Deutschland, jährlich meldet eine sechsstellige Zahl von Autofahrern ein anderes Fahrzeug an. Dieser unternehmenseigene Datenbestand war Grundlage der Berechnungen. Das Unternehmen hat die Elektroauto-Quote im privaten Fahrzeugbestand rückwirkend für alle Quartale bis Anfang 2020 berechnet.
Demnach ist die Umstiegsquote in diesem Jahr nach Streichung der Kaufprämie durch die Bundesregierung trotz größerer E-Auto-Modellpalette und technischer Verbesserungen auf das Niveau des Jahres 2021 zurückgefallen. In einer repräsentativen Yougov-Umfrage von rund 4.200 Bundesbürgern erklären fast die Hälfte (47 %), dass sie reine E-Autos "weniger gut" oder "gar nicht gut" finden. Und 29 Prozent wollen sich erst dann ein reines Elektroauto anschaffen, wenn gesetzlich nur noch solche Fahrzeuge zugelassen werden dürfen.
Anders als das Kraftfahrtbundesamt in seinen Neuzulassungsstatistiken hat das Unternehmen für sein "E-Barometer" ausschließlich das Anschaffungsverhalten der privaten Autobesitzer - inklusive Gebrauchtwagen - analysiert, und Firmenautos außen vor gelassen. "Wir wollen mit diesem Instrument die Akzeptanz und Umstiegsgeschwindigkeit auf Elektroautos in der deutschen Privatbevölkerung umfassend messbar machen und Entwicklungen darstellen", sagte HUK-Vorstand Jörg Rheinländer.
Teilweise Rückwärtsbewegung: Wechsel zu Benzin und Diesel lässt "aufhorchen"
In diesem Jahr könnte der Elektroauto-Anteil laut HUK bundesweit so langsam wachsen wie seit vier Jahren nicht mehr. Darüber hinaus gibt es der Auswertung zufolge zumindest eine teilweise Rückwärtsbewegung: In diesem Jahr hat sich demnach gut ein Drittel bisheriger E-Auto-Fahrer bei der Anschaffung eines anderen Wagens wieder für den Verbrennungsmotor entschieden. Dieses Ergebnis lasse "aufhorchen". Denn bis Ende 2022 hätte weitgehend das Motto "Einmal Elektro-Auto – immer Elektro-Auto" gegolten. Die "Treuequote" der E-Fahrer hatte in dieser Zeit stets bei rund 80 Prozent gelegen. Von denjenigen E-Fahrern, die auf einen Neuwagen umstiegen, blieben vor 2023 sogar durchgehend mehr als 90 Prozent dem Elektroantrieb treu.
Die Entwicklung sei insbesondere nach Wegfall der Kaufprämie Ende 2023 "alarmierend": Die Umstiegsquote sank laut HUK drastisch von 6,2 Prozent auf nur noch 3,9 Prozent, im Schnitt des laufenden Jahres sogar auf nur noch 3,6. Angesichts
Nach Bundesländern betrachtet gibt es den Angaben zufolge ebenfalls deutliche Unterschiede: Am höchsten ist der E-Auto-Anteil demnach mit 3,4 Prozent in Bayern, am Ende der Tabelle lagen Sachsen und Sachsen-Anhalt mit jeweils 1,5 Prozent. In Bayern war auch die Wechselquote mit 4,1 Prozent am höchsten, während auch hier Sachsen-Anhalt (1,9%) und Sachsen (2,1%) die Schlusslichter bildeten.
Politisches Ziel in weiter Ferne
Das Unternehmen wirft daher die Frage auf, ob sich angesichts "des heute viel größeren Angebots an E-Autos als vor drei Jahren und deren technischen Verbesserungen hier ein grundsätzliches Akzeptanzproblem" andeute. Schließlich werde nur in vier von 100 Wechselfällen vom Verbrenner auf E-Antrieb umgestiegen.
Höher ist der Anteil der E-Auto-Befürworter in der begleitenden repräsentativen Yougov-Umfrage. Dabei sagten 17 Prozent, dass sie in den kommenden zwei Jahren vom Verbrenner- zum Elektromotor wechseln wollten. Doch auch wenn die Betreffenden diese Absicht sämtlich umsetzen sollten, würde laut HUK-Berechnung das von der Bundesregierung für das Jahr 2030 ausgegebene Ziel von 15 Millionen reinen E-Autos auf deutschen Straßen verfehlt.
Diese Einschätzung deckt sich mit einer Prognose, die die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) und die Nichtregierungsorganisation Agora Verkehrswende Ende Juli veröffentlicht hatten. Demnach würde das Ziel von 15 Millionen E-Autos bei Fortschreibung des derzeitigen Trends um sechs Millionen Fahrzeuge unterschritten werden. Die von der EU-Kommission verhängten Strafzölle auf aus China importierte E-Autos könnten nach Einschätzung der meisten Fachleute einen weiteren Dämpfer bedeuten. rowa/mit dpa