Neid zu empfinden ist menschlich, Schadenfreude zu genießen teuflisch, sagt Schopenhauer, und demgemäß müsste es in München gewaltig menscheln, während in Bamberg - nein, Marcus Rudolf Axt, Intendant der Bamberger Symphoniker, genießt in diesen Tagen gewiss nicht.
Jedenfalls nicht Schadenfreude angesichts der Tatsache, dass aufgrund des Heckmecks um eine neue Konzerthalle in München die in Bamberg in den Fokus zumindest der bayrischen Öffentlichkeit gerückt ist: als Beweis, dass man in der - aus Sicht der Landeshauptstadt - Provinz so etwas realisieren kann und als wohltuende Aufmerksamkeits-Dusche in den Medien. Und so etwas genießen ein Orchester, ein Intendant, gerne und jederzeit.
Was hat den Joseph-Keilberth-Saal, Herzstück der Konzert- und Kongresshalle "Sinfonie an der Regnitz", auf einmal zum überregionalen Thema werden lassen? Seit Jahren debattiert man in München über den Neubau einer Konzerthalle. In der Landeshauptstadt musizieren drei Orchester von Weltrang: Das Bayrische Staatsorchester spielt im Nationaltheater, die Münchner Philharmoniker vorwiegend in der Philharmonie im Gasteig (ca. 2400 Plätze), das Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks im Herkulessaal der Residenz (knapp 1300). Vor allem die Gasteig-Philharmonie genügt keineswegs mehr heutigen Ansprüchen.
Seltene Einigkeit
Von vielen Seiten war daher ein Neubau im Finanzgarten gewünscht worden. Kosten: einige 100 Millionen Euro. Ein Aufschrei ging daher vergangene Woche durch die Kulturszene, als CSU-Ministerpräsident Seehofer und Münchens SPD-Oberbürgermeister Reiter in seltener Eintracht verkündeten, dass es statt eines Neubaus eine Generalsanierung des Gasteig-Saals geben wird. Philharmoniker und BR-Symphoniker sollen abwechselnd Herkulessaal und Philharmonie bespielen.
Ein Unding, meinen alle Fachleute, eine logistische Monsterkonstruktion. So auch der Intendant der Bamberger Symphoniker. Er hätte den Münchnern einen neuen Saal gegönnt - nicht zuletzt im Interesse seines Orchesters, das naturgemäß gerne in perfekt zugeschnittenen Häusern auftritt. Diesem Ideal ziemlich nahe kommt der Joseph-Keilberth-Saal. 1993 ist die Konzerthalle eingeweiht worden, 2008/09 renoviert und vom japanischen Klangdesigner Yasuhisa Toyota akustisch optimiert. Er formte die Bühne halbkreisförmig und aufsteigend.
Erhöhte Podeste
Welch diffiziles, akribisches Geschäft solche Akustik-Stars wie Toyota oder Karlheinz Müller betreiben, zeigte sich erst wieder vergangenen Herbst. Toyota ging Klagen einiger Bamberger Musiker nach, sie könnten sich auf dem Podium mitunter nicht richtig hören. Deshalb erhöhte er die Podeste. Für die Streicher ergab sich so eine akustische Rückwand, der Dirigent ist während der Proben besser zu verstehen, Holz- und Blechbläser stören sich weniger - "30 Prozent Klangverbesserung!" (Axt).
Während Müller elektronisch die Akustik zu bessern sucht - übrigens installiert zurzeit die Burgebracher Firma Thomann eine neue elektronische Regie im Gasteig -, arbeitet Toyota mit baulichen Mitteln, macht aus dem Saal ein Instrument, wie der Intendant schwärmt. Ein Instrument wie die jüngst eröffnete neue Philharmonie in Paris (Kosten: rund 380 Millionen Euro), die ebenfalls Starakustiker Toyota betreute. Dieser Saal und der in Helsinki ("Idealklang nach dem Lehrbuch des Toyota") sind die Goldstandards der Branche, nüchtern ökonomisch betrachtet, in Zeiten, in denen in China jedes Jahr eine neue Konzerthalle gebaut wird.
Denn die besten Orchester spielen nur in den besten Sälen. Kein Zufall ist, dass die Wiener und Berliner Philharmoniker um München eher einen Bogen machen.
Das Publikum liebt bekanntlich die Bamberger Symphoniker und ihren Konzertsaal. Was die Abonnentenzahlen beweisen. Nahezu jeder der 1400 Plätze ist besetzt. Genau die richtige Größe, sagt Axt, die 2400 Stühle im Gasteig seien eigentlich zu viel. Er zählt den Joseph-Keilberth-Saal zu Deutschlands besten fünf. Den Bamberger Stolz sollte die Erinnerung an die Planungs- und Bauphase der Halle an der Regnitz etwas dämpfen: Auch in der Domstadt hatte es heftige "parteipolitische Auseinandersetzungen über Standort, Kosten und Gefährdung der Besucher durch vorhandene ,Altlasten‘ " (Wolfgang Pfister in seiner Symphoniker-Geschichte) gegeben, auch hier war das Riesenprojekt umstritten.
Das Kostenargument lässt Axt nicht gelten: Dem Staat obliege Rundumversorgung der Bürger, auch eine "kulturelle Grundsicherung". Über Seehofers Einwurf, das Klassik-Publikum stürbe ohnehin bald aus, mag er nicht einmal lächeln. Wunschlos glücklich also? Ein eigener Saal für Kammermusik wäre schön...
Jedenfalls nicht Schadenfreude angesichts der Tatsache, dass aufgrund des Heckmecks um eine neue Konzerthalle in München die in Bamberg in den Fokus zumindest der bayrischen Öffentlichkeit gerückt ist: als Beweis, dass man in der - aus Sicht der Landeshauptstadt - Provinz so etwas realisieren kann und als wohltuende Aufmerksamkeits-Dusche in den Medien. Und so etwas genießen ein Orchester, ein Intendant, gerne und jederzeit.
Was hat den Joseph-Keilberth-Saal, Herzstück der Konzert- und Kongresshalle "Sinfonie an der Regnitz", auf einmal zum überregionalen Thema werden lassen? Seit Jahren debattiert man in München über den Neubau einer Konzerthalle. In der Landeshauptstadt musizieren drei Orchester von Weltrang: Das Bayrische Staatsorchester spielt im Nationaltheater, die Münchner Philharmoniker vorwiegend in der Philharmonie im Gasteig (ca. 2400 Plätze), das Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks im Herkulessaal der Residenz (knapp 1300). Vor allem die Gasteig-Philharmonie genügt keineswegs mehr heutigen Ansprüchen.
Seltene Einigkeit
Von vielen Seiten war daher ein Neubau im Finanzgarten gewünscht worden. Kosten: einige 100 Millionen Euro. Ein Aufschrei ging daher vergangene Woche durch die Kulturszene, als CSU-Ministerpräsident Seehofer und Münchens SPD-Oberbürgermeister Reiter in seltener Eintracht verkündeten, dass es statt eines Neubaus eine Generalsanierung des Gasteig-Saals geben wird. Philharmoniker und BR-Symphoniker sollen abwechselnd Herkulessaal und Philharmonie bespielen.
Ein Unding, meinen alle Fachleute, eine logistische Monsterkonstruktion. So auch der Intendant der Bamberger Symphoniker. Er hätte den Münchnern einen neuen Saal gegönnt - nicht zuletzt im Interesse seines Orchesters, das naturgemäß gerne in perfekt zugeschnittenen Häusern auftritt. Diesem Ideal ziemlich nahe kommt der Joseph-Keilberth-Saal. 1993 ist die Konzerthalle eingeweiht worden, 2008/09 renoviert und vom japanischen Klangdesigner Yasuhisa Toyota akustisch optimiert. Er formte die Bühne halbkreisförmig und aufsteigend.
Erhöhte Podeste
Welch diffiziles, akribisches Geschäft solche Akustik-Stars wie Toyota oder Karlheinz Müller betreiben, zeigte sich erst wieder vergangenen Herbst. Toyota ging Klagen einiger Bamberger Musiker nach, sie könnten sich auf dem Podium mitunter nicht richtig hören. Deshalb erhöhte er die Podeste. Für die Streicher ergab sich so eine akustische Rückwand, der Dirigent ist während der Proben besser zu verstehen, Holz- und Blechbläser stören sich weniger - "30 Prozent Klangverbesserung!" (Axt).
Während Müller elektronisch die Akustik zu bessern sucht - übrigens installiert zurzeit die Burgebracher Firma Thomann eine neue elektronische Regie im Gasteig -, arbeitet Toyota mit baulichen Mitteln, macht aus dem Saal ein Instrument, wie der Intendant schwärmt. Ein Instrument wie die jüngst eröffnete neue Philharmonie in Paris (Kosten: rund 380 Millionen Euro), die ebenfalls Starakustiker Toyota betreute. Dieser Saal und der in Helsinki ("Idealklang nach dem Lehrbuch des Toyota") sind die Goldstandards der Branche, nüchtern ökonomisch betrachtet, in Zeiten, in denen in China jedes Jahr eine neue Konzerthalle gebaut wird.
Denn die besten Orchester spielen nur in den besten Sälen. Kein Zufall ist, dass die Wiener und Berliner Philharmoniker um München eher einen Bogen machen.
Das Publikum liebt bekanntlich die Bamberger Symphoniker und ihren Konzertsaal. Was die Abonnentenzahlen beweisen. Nahezu jeder der 1400 Plätze ist besetzt. Genau die richtige Größe, sagt Axt, die 2400 Stühle im Gasteig seien eigentlich zu viel. Er zählt den Joseph-Keilberth-Saal zu Deutschlands besten fünf. Den Bamberger Stolz sollte die Erinnerung an die Planungs- und Bauphase der Halle an der Regnitz etwas dämpfen: Auch in der Domstadt hatte es heftige "parteipolitische Auseinandersetzungen über Standort, Kosten und Gefährdung der Besucher durch vorhandene ,Altlasten‘ " (Wolfgang Pfister in seiner Symphoniker-Geschichte) gegeben, auch hier war das Riesenprojekt umstritten.
Das Kostenargument lässt Axt nicht gelten: Dem Staat obliege Rundumversorgung der Bürger, auch eine "kulturelle Grundsicherung". Über Seehofers Einwurf, das Klassik-Publikum stürbe ohnehin bald aus, mag er nicht einmal lächeln. Wunschlos glücklich also? Ein eigener Saal für Kammermusik wäre schön...