Alois Weiland, der lange Jahre als Grabmacher (die offizielle Bezeichnung für Totengräber) tätig war, und seine Frau Helga betrachten ihre ungewöhnliche Wohnsituation auf dem Münchner Westfriedhof nicht als unheimlich. Seit fast 40 Jahren wohnen sie nun hier. Erlebt haben sie so einiges - manches traurig, manches kurios, und einmal wurde es Alois sogar unheimlich zumute.

Sie schätzen die friedliche Atmosphäre des Friedhofs. "Wir haben praktisch einen Park vor der Haustür, in dem wir oft spazieren“, erzählt Alois (70) den Kollegen von merkur.de. "Mein Lieblingsgrab ist das von Maxl Graf, den kannte ich persönlich." Die beiden hätten zusammen Mundharmonika gespielt. "Sein Grab habe ich eigenhändig ausgehoben und zugemacht. Wir gehen aber auch oft am Grab von Helgas Familie vorbei. Auch viele ehemalige Arbeitskollegen von mir liegen hier. Einer ist ganz jung gestorben, mit 21.“ Auch viele Berühmtheiten, wie etwa Kaiserin Soraya und Moderator Robert Lembke („Was bin ich?") liegen auf dem Westfriedhof in München begraben.

48.000 Tote nicht problematisch - aber tote Kinder lassen einen nicht kalt

Nach seiner Pensionierung im Jahr 2019 fand Alois heraus, dass das Leben neben 48.000 Toten weniger problematisch war als das Abschalten nach der Arbeit. Er erzählt von nächtlichen Besuchen von Trauernden, die Trost am Grab suchten, und von Polizeieinsätzen auf der Suche nach entflohenen Senioren aus dem nahegelegenen Heim, die oft bei den Gräbern ihrer Angehörigen gefunden wurden. "Einmal kam eine Hundertschaft mit Hunden und suchte ein bestimmtes Grab. Dabei saß die vermisste Seniorin in einem Schwabinger Café."

Der Beruf des Grabmachers hat seine harten Seiten, berichtet Alois, insbesondere, wenn es um verstorbene Kinder und Jugendliche gehe. "So abgebrüht kann man gar nicht sein, dass einen das nicht mitnimmt." Alois fand Trost in der Musik, Gesprächen mit seiner Frau und der eigenen Familie. Sie haben einen Sohn und drei Enkelinnen.

Eine unheimliche Erfahrung hatte Alois nur einmal, als er den Friedhof abschloss. "Wie aus dem Nichts stand plötzlich eine schwarz gekleidete Frau hinter mir", berichtet er gegenüber merkur.de. "Mir ist vor Schreck der Schlüssel runtergefallen. Ich dachte: Jetzt ist eine aufgestanden! Aber es war nur eine normale Angehörige, die wissen wollte, wann morgen die Trauerfeier für ihren Mann ist."

Wohnung in gutem zustand - nur in der Krypta sammelt sich öfter Wasser

Die Weilands sind traurig über den bevorstehenden Umzug, da sie ihr Zuhause lieben und in die Renovierung ihrer Wohnung bereits rund 30.000 Euro investiert haben. Sie haben sogar Decken in die hohen Räume eingezogen, um die Heizkosten erträglicher zu machen, und neue Böden verlegt. Jetzt solle alles neu gemacht werden, haben die Weilands erfahren: die Wasserleitungen, Stromleitungen und die Heizung. Ihrer Meinung nach müssten "nur die Fenster gemacht werden. Und die Krypta. In der sammelt sich öfter Wasser."

Obwohl sie eine Interimswohnung von der Stadt angeboten bekommen haben, hoffen sie, dass sie vielleicht doch noch bleiben dürfen. Sie zweifeln daran, dass die Stadt die benötigten 71 Millionen Euro für die Sanierung aufbringen kann.